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Alt 12.04.2007, 08:24   #10
Jost
Händler/Züchter
 
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Moin
also ich versuche mal kurz zu skizzieren, worum es bei so einer Sache gehen könnte und wie ein gangbarer Weg aussehen könnte.

Die Problematik der L-Nummern brauche ich hier nicht mehr breit zu treten, die ist allgemein bekannt. Ähnlich aussehende Welse bekommen eine neue Nummer wenn der Fundort ein anderer ist. Nicht das ich falsch verstanden werde, trotz aller Nachteile ist das L-Nummern-Prinzip zur Zeit das einzig sinnvolle.

Was man eigentlicht bräuchte um sich der Frage der Variation an einem Standort und danach dem Vergleich von Standortvarianten zu nähern, wäre eine genügend große Stichprobe von einem Standort, und ich rede jetzt als Wissenschaftler von z.B. 20 Weibchen und 20 Männchen, und dies dann natürlich von jedem Standort, von dem man ähnliche Welse miteinander vergleichen will. Das kann man im Prinzip nur leisten wenn man vor Ort Proben nimmt. Aber das ist gleichzeitig auch praktisch jedenfalls für mich unmöglich, weil (1) so viele Welse von einem Standort sehr selten auf einmal zu bekommen sind, weil (2) wir hier sowieso keine Ahnung haben wie man die bekommen könnte und weil (3) z.B. in Brasilien dafür gar keine Genehmigung zu bekommen wäre, das müßten einheimische Wissenschaftler machen.

Wie kann man aus diesem Dilemma herauskommen?
Man braucht eine möglichst große Stichprobe von jeder L-Nummer die man vergleichen will. Dabei stellt sich zunächst die wichtigste Frage, welche L-Nummer hat man? Dies müßte von einem Spezialisten auf diesem Gebiet zunächst geklärt werden. Das sehe ich aber durchaus als machbar an, ich denke dass ich da schon ein paar von den Spezialisten kenne, die bei dieser Aufgabe vermutlich gerne helfen würden, sie kennen diese Problematik ja selber und suchen nach Lösungen.
Ich würde sogar soweit gehen, die Welse an mehrere von den Spezialisten zu schicken, um mehrere Zuordnungen zu haben, nach denen dann die Gruppen für die morphometrische Analyse gebildet werden können.

Danach würde ich die Tiere wie skizziert analysieren, auch hier würde und muß ich mich auf das Urteil der Spezialisten verlassen, wo die wesentlichen Unterschiede zu erwarten sind. Nehmen wir das Beispiel Männlein/Weiblein bei Hypancistrus, da wäre nach der hier vertretenen Meinung sicher eine Aufnahme von oben sinnvoll. Aber reicht das auch um alle Nummern zu vergleichen? Wahrscheinlich nicht. Egal, auch das wäre lösbar.

Nun zu der Frage von Kristian. Zunächst einmal würde ich mich auf die zur Zeit ob ihrer Bedeutung wichtigste Gruppe beschränken, nämlich die Gattung Hypancistrus. Ich würde also bitten, mir alle toten Tiere in Alkohol zuzusenden, und zwar mit möglichst vielen Angaben zu dem jeweiligen Tier, also welche Nummer soll es sein, wie lange hat man das Tier, woher hat man es, in welchem Becken hat es gelebt (Größe, Wasserwerte etc.), womit wurde es gefüttert, warum starb es, welches vermutliche Geschlecht und was weiss ich nicht noch alles. Und auch ganz klar ohne solche Angaben brauche ich kaum weitermachen, weil wie gesagt, morphologische Veränderungen bei Fischen von den Umweltbedingungen abhängen können, und da muß ich eine nachgeschaltete Analysenebene haben, ob ich sie jemals benutzen kann weiss ich nicht.

Wenn ich dann von bestimmten Gruppen genügend Tiere habe, dann würde ich diese einzeln verpackt nacheinander an sagen wir 3 Spezialisten versenden, mit der Bitte um Nummern-Zuordnung. Danach könnte man dann die Analysen starten. Konzentrieren sollte man sich zunächst z.B. auf solche Nummern-Paare, bei denen eine Zuordnung hier auf unserer Ebene immer wieder zu hitzigen Diskussionen führt, also nicht der Vergleich L201 mit L46, sondern eher die von mir bekannten Nummern Paare. Aber sagen wir mal generell alle Tiere der Gattung Hypancistrus. Oder welche andere Gattung wäre noch von Bedeutung für so eine Analyse? (Ich persönlich bin sehr an der Gattung Panaque interessiert!)

Ich gestehe, ich habe keine Ahnung ob dieser Ansatz sich verwirklichen läßt, weil ich nicht weiss, ob man genügend Welse zusammenbekommen kann und ob dann auch noch der oben skizzierte Weg bei dieser Fischgruppe überhaupt möglich ist. Vielleicht könnte man ja auch noch eine weitere Arbeitsgruppe mit begeistern und einbeziehen, die an DNA-Analysen arbeitet, etwa z.B. um Uli Schliewen (immerhin ja einer der Erfinder des L-Nummern-Systems). Aber das wäre der nächste Schritt.

Mit der klassischen Methode kommt man jedenfalls so vermutlich nicht weiter, siehe die jüngste Arbeit von Armbruster (übrigens, hat jemand das PDF der Arbeit, auf meine Anfrage an ihn habe ich es jedenfalls noch nicht bekommen) und die aus meiner Sicht z.T. berechtigte Kritik an dieser Arbeit.

Soweit mal meine Meinung zu diesem Thema.

Deshalb hier die wichtigste Frage, gibt es das Potential in dieser Gemeinschaft oder darüber hinaus genügend viele Welse der genannten Gruppen in Alkohol zu bekommen (was traurig genug wäre für die Einzelnen). Ich kann das ehrlich gesagt nicht einschätzen! Mit den paar Alkohol-Tieren die ich habe, brauche ich mir jedenfalls keine Gedanken über eine Analyse zu machen. Und auch das muss klar sein, wenn ich soetwas versuchen sollte, dann mit dem Anspruch einer wissenschaftlich haltbaren Analyse, alles andere wäre vergeudete Zeit (die ich nicht habe) und das mache ich nicht mit.
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Beste Grüße
Jost

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