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Alt 19.09.2005, 13:30   #33
skh
Welspapa
 
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Ort: Berlin
Beiträge: 126
Oh shit, in meiner unausgeschlafenen Art habe ich irgendwie im Artikel von Michael rumeditiert. Hier isser nochmal:


Zitat:
Zitat von skh
Von Fortpflanzung war nie die Rede.


Mahlzeit!

Explizit nicht, aber indirekt IMHO sehr wohl, indem du nämlich folgende Sache bringst:

"Ein kleiner Hinweis noch zum Thema Anpassung: Immer wieder wird behauptet, Schwarzwasserfische hätten sich im Laufe der Evolution an ihre Biotope angepasst und „bräuchten“ deshalb genau dieses Wasser. Andererseits hört man gerade aus aquaristischen Kreisen auch immer, Nachzuchten (F 1, F 2 oder erst F 1000?) wären deutlich toleranter gegenüber den Wasserwerten als Wildfänge – ein extremer Widerspruch?"

Nimm den Fischen in ihren Biotopen "ihr" Wasser, und sie sterben vermutlich aus, weil sie sich nicht mehr fortpflanzen (können). Brauchen sie jetzt "ihr" Wasser oder nicht?
Klar, du gehst auf die Fortpflanzung überhaupt nicht ein, aber macht das wirklich Sinn, wenn du "Schwarzwasser aus Sicht der Fische" betrachten willst, und vor allem auch "Schwarzwasser aus Sicht der Fische" in physiologischer Hinsicht?
Ionenregulation durch Chloridzellen und andere Zellen (und die Fähigkeit der Fische, deren Anzahl zu verändern) im Kiemenepithel gut und schon, aber ist damit der physiologische Aspekt hinreichend abgedeckt?
Was ist mit physiologischen Aspekten bei der Fortpflanzung? Osmotische Vorgänge am Fischlaich? Was hat's bei der Entwicklung der Eier mit der Ionenarmut (oder eben gerade Nichtarmut in hartem oder besser salzhaltigem Wasser und Nichtentwicklung der Eier darin) auf sich?
Was nutzt es dem einzelnen Schwarzwasserfisch, wenn er sich aufgrund seiner osmoregulatorischen Fähigkeiten innerhalb weniger Stunden oder Tage an salzhaltiges Wasser anpassen kann, sich aber darin nicht vermehren kann? Dann hat er vielleicht seine eigene Haut "gerettet", aber den eigentlich Sinn seines Lebens, seine Art zu erhalten, kann er dann schwer gerecht werden.
Find' ich elementar, wenn ich das Thema "Schwarzwasser aus Sicht der Fische" beackern will.

Und der Widerspruch der beiden oben zitierten Aussagen mag extrem sein, wenn du ihn nur von deiner Art der Betrachtung her siehst.
Wenn du die Fortpflanzung mit einbeziehst, dann gibt's da keinen Widerspruch, ganz im Gegenteil:
Wildfänge von Schwarzwasserfischen sind bzgl. Ionenarmut ihrem Biotop angepasst (und können zahlenmäßig ihre Population nur unter den entprechenden Bedingungen halten), und Nachzuchten, d.h. Aquarienpopulationen, sind aufgrund gerichteter transformierender Selektion entstanden und somit härtetoleranter, was die Vermehrung angeht, mithin den üblichen Aquarienbedingungen in dieser Hinsicht angepasst.

Zum Abschluss deines Artikels kommst du zu folgender Schlussfolgerung:

"Wissenschaftlich betrachtet spricht demnach nichts dagegen, Fische, die ursprünglich aus Weichwassergebieten stammen, auch in deutlich ionenreicherem Wasser zu halten, falls es auch mit anderen Möglichkeiten als durch Reduktion der Ionenkonzentration, niedrigen pH-Werten und Zugabe von Huminsäuren möglich ist, die Belastung durch Keime und Abbauprodukte gering zu halten."

Erstens finde ich schon, dass wissenschaftlich etwas dagegen spricht, ausgesprochene Weichwasserfische in deutlich ionenreicherem Wasser zu halten, und zwar genau aus den oben dargestellten Gründen.
Dann hatte ich schonmal erwähnt, dass Bauer in seinem Buch schreibt, dass ausgesprochene Weichwasserfische in ionenreichem (oder in diesem Fall besser hartem) Wasser unfruchtbar werden könnten (Anlagerung von Calcium an die Eimembran schon vor der Befruchtung), und die Sache mit der Nephrocalcinose ist wohl auch noch nicht so ganz eindeutig erforscht. Problem dabei ist aber, dass ich dir keine Primärquellen dazu nennen kann, weil ich sie nicht kenne.

Und zweitens ist die Keimbelastung im Aquarium in jedem Fall um mehrere Zehnerpotenzen höher als im natürlichen Biotop. Nach dem von dir Gesagten könnte man den Eindruck gewinnen, dass womöglich die geringe Keimbelastung des Schwarzwassers DER wesentliche Faktor für eine gute Pflege der Fische im Aquarium sein könnte.
Genauso, wie du den Fischen bei deinen Betrachtungen aber die physiologische Anpassung innnerhalb von Stunden oder Tagen an ionenreiches Wasser "zu Gute schreibst", könnte man den Tieren wahrscheinlich auch zuschreiben, sich immunologisch anpassen zu können, d.h. praktisch durch "Training" des Immunsystems mit den hier im Aquarium vorherrschenden Mikroorganismen sowie der Stärke der Keimbelastung fertig zu werden, und zwar sowohl Jungfische (Nachzuchten), die ja vom Ei an daran gewöhnt sind, als auch Wildfänge, die zwar subadult oder adult eingeführt werden, und die frühen Entwicklungsstadien in ihrem Heimatbiotop durchgemacht haben, aber ja unter der Keimbelastung hier in den Aquarien auch nicht gleich umkippen, sonst könnte man sie nicht erfolgreich pflegen (und unter diesen relativ "verkeimten" Bedingungen auch vermehren).

Abschließend möcht' ich noch sagen, dass ich deinen Artikel in keinem Fall "runtermachen" oder sonst irgendwie abwerten will, fand ihn in weiten Teilen richtig gut.
Die angesprochenen Punkte sind mir jedoch zumindest aufgefallen, inwieweit die "Kritik" jetzt berechtigt und vor allem auch wissenschaftlich fundiert ist, kann ich gar nicht genau abschätzen.

--Michael

sorry, aber ich habe da keinen Schimmer, was ich da angestellt habe???
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so long

Stefan
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