|
BSSW-Nord
Registriert seit: 20.12.2003
Ort: Wittingen
Beiträge: 6.230
|
Hi Mathias
Habe da mal was für dich gefunden.
Algenbekämpfung auf britische Art
Stroh ist des Rätsels Lösung
Die verschiedenen Algenarten können bei den Aquarianern sowohl Freude als auch Verdruss hervorrufen . Der eine schätzt sich glücklich , in seinem Aquarium einen Stein zu besitzen , der von einem herrlichen Grünalgenrasen überwachsen ist , während ein anderer die Grünalgen verflucht , die sich als Epiphyten auf den Wasserpflanzenblättern angesiedelt haben .
Algen dienen häufig als Indikatoren über Veränderungen der Milieuverhältnisse . Mit ihrem Auftreten liefern sie erste Anzeichen über die Beschaffenheit des Aquarienwassers . So treten Braun – bzw. Kieselalgen im Süßwasser – Aquarium bevorzugt bei Lichtmangel auf ; außerdem zusätzlich immer dann , wenn das verwendete Leitungswasser viel Silicate ( SiO2 als Kieselsäure ( H2Sio3 ) n ) enthält . Besonders unbeliebt sing bei den Aquarianern die Blaualgen . Sie erscheinen , wenn ein Lichtüberschuss und gleichzeitig eine Übersättigung ( Eutrophie ) des Wassers mitpflanzenverfügbaren Nährstoffen massiv auf , bekommt das Wasser im Aquarium schnell einen muffigen Geruch .
Zur Bekämpfung der verschiedenen Algenarten wurden bislang die unterschiedlichsten Maßnahmen empfohlen und praktiziert . Diese reichen von der rein mechanischen Entfernung mit dem Scheibenkratzer bis zur Anwendung chemischer Präparate , die von der Zubehörindustrie angeboten werden . Zur Grünalgenbekämpfung wird oft ein mehrtägiges Abdunkeln des Beckens angeraten . Das Abdunkeln ist zwar nicht gerade vorteilhaft für die höheren Wasserpflanzen , weil ihnen dadurch die Möglichkeit zur Photosynthese entzogen wird , aber sie überstehen diese Prozedur in der Regel ohne größere Folgeschäden . Die Bekämpfung von Grünalgen allein durch den Einsatz algenfressender Fische , z. B. Black Mollys , bringt meist nicht den gewünschten Erfolg . Denn auch nach der Passage des Verdauungstraktes geht die Regenerationsfähigkeit der Algen nicht verloren . Versuche haben bewiesen , dass direkt aus den ausgeschiedenen Kotpartikeln neue Algenpolster hervorwachsen können .
Beim Auftreten von Braun – bzw. Kieselalgen braucht meist nur die tägliche Lichteinstrahlungsdauer bzw. die Beleuchtungsstärke erhöht zu werden . Problematischer sind dagegen in den meisten Fällen die Blaualgen zu bekämpfen . Es wird empfohlen , häufige Teilwasserwechsel durchzuführen , um so dem Wasser die überschüssigen Nährstoffe zu entziehen . Gegebenenfalls muss gleichzeitig die Beleuchtungsdauer reduziert werden . Nur läuft man dann immer Gefahr , dem Wachstum von Braun – und Kieselalgen Vorschub zu leisten . Soweit einige der bisher gängigen Verfahren zur Algenbekämpfung .
Für eine zukünftige Algenbekämpfung auf rein biologischer Basis könnte die Beobachtung eines britischen Landwirts recht bemerkenswert sein . Durch Zufall war ein Ballen Stroh in seinen Gartenteich gefallen , und er hatte vergessen , das Stroh gleich wieder zu entfernen . Als er sich nach einiger Zeit daran erinnerte , stellte er fest , dass sämtliche Algen aus dem Teich verschwunden waren . Der Landwirt teilte seine Beobachtungen dem AFRG Institute of Food Research in Reading mit . Wissenschaftliche Untersuchungen folgten . Dabei stellten die Wissenschaftler fest , dass verrottendes Stroh einen Wirkstoff abgibt , der Algen abtötet . Ein Ballen Stroh reicht aus , um 3000 m3 Teichwasser algenfrei zu machen , wobei Gerstenstroh noch besser als Weizenstroh wirken soll .
Diese Erkenntnisse nahm ich zum Anlass , die algenabtötende Wirkung von Stroh unter Aquarienbedingungen zu testen . Ich wählte ein 30 – Liter – Aufzuchtsbecken ( Hygieneaquarium , also ohne Bodensubstrat ) aus , dessen Boden – und Seitenscheiben stark mit Braun – und einigen wenigen Grünalgen bewachsen waren . Das noch im Becken befindliche Wasser wurde zu _Versuchsbeginn durch frisches ersetzt . Ich nahm eine kleine durchsichtige Plastiktüte und füllte sie zur Hälfte mit Weizenstroh ( Gerstenstroh stand mir leider nicht zur Verfügung ) . Danach stach ich mit einer Nagel etwa 150 ungefähr 1,5 mm große Poren in die Plastiktüte , band sie mit Angelschnur zu und gab sie in das Becken hinein . Um zu überprüfen , ob der algenabtötende Wirkstoff eventuell auch auf höher entwickelte Wasserpflanzen und Fische schädigend wirkt , wurden ein paarStengel Wasserpest , Elodea sp. , etwas Riccia , Riccia fluitans , und Javamoos , Vesicularia dubyana , sowie sechs fast erwachsene Streifenhechtlinge , Aplocheilus lineatus , mit in das Becken eingesetzt . Die Streifenhechtlinge wählte ich deshalb als Testfische , weil sie recht robust sind und in ihren asiatischen Heimatbiotopen auch nicht gerade von den Umweltbedingungen „ verwöhnt „ werden .
Das Aquarienwasser drang schnell durch die Poren in das Innere der Tüte und stand nun mit dem Stroh in direktem Kontakt . Bereits nach einer Stunde färbte sich das Wasser in der Tüte ockerfarben ein . Allmählich drang es durch die Poren nach außen zurück und vermischte sich mit dem Aquarienwasser . Schon 12 Stunden später war das Aquarienwasser gelblich – trübe geworden , weitere 12 Stunden später verschwand die Trübung , so dass das Wasser nun gelblich – klar war . Es erinnerte mich an das sogenannte „ Bernsteinwasser „ , das in vergangenen Zeiten in der Aquaristik als optimal angesehen wurde . Am siebten Tag nach Versuchsbeginn lösten sich die ersten Algenbeläge von den Scheiben inselartig ab . Auf der Bodenscheibe ,auf der der Algenbelag besonders dick war , begann er sich einzurollen . Später löste auch er sich gänzlich von der Unterlage ab . Das sich die Algen auf der Bodenscheibe etwas Hartnäckiger hielten als auf den Seitenscheiben , mag neben der Dicke der Algenpolster auch daran gelegen haben , dass ständig ein direkter Kontakt mit den im Kot der Fische enthaltenen Algennährstoffe bestand .
Während der gesamten Versuchsdauer habe ich wöchentlich ein oder zwei Wasserwechsel ( es wurden jeweils 5 – 10 L ausgetauscht ) vorgenommen , bei denen ich gleichzeitig die abgestorbenen Algen und Kotpartikel der Fische mit absaugte . Nach rund vier Wochen war das Becken algenfrei . Ich entfernte den Beutel mit dem bereits halb verrotteten Stroh .
Die Fische hatten sich während der Versuchsdauer vollkommen normal verhalten . Sie fraßen gut und zeigten keinerlei Anzeichen , die auf Mangelerscheinungen oder Krankheit hätten schließen lassen können . Ebenso konnte ich keine Schädigungen oder Beeinträchtigungen an den eingesetzten Wasserpflanzen feststellen . Offenbar wirkt die durch Strohverrottung freiwerdende Substanz lediglich spezifisch auf Algen .
Der Einsatz von Stroh bei der Algenbekämpfung bietet also eine neue , fisch – und wasserpflanzenschonende Variante , durch eine rein biologische Maßnahme unerwünschter Algenpopulationen zu beseitigen .
Gruß Ralf
|