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Alt 24.11.2011, 09:59   #30
Brasil
Babywels
 
Registriert seit: 14.01.2007
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Anmerkungen zu den Legebatterien

Ich will mich gern ein bisserl in die Nesseln setzen, darum schreibe ich jetzt den folgenden Text.
In diesem Threat wird der Aufbau eines Welsbeckens in Etagenform als Legebatterie abgetan. Find ich nicht gut. Warum? Ich erzähl euch mal ´ne Geschichte:
2006 hatte ich bei einer meiner vielen Brasilienreisen Gelegenheit im brasilianischen Bundessaat Mato Grosso in einem Klarwasserfluß zu tauchen (https://portalturismomt.blogspot.com/2009/07/nobres-e-mais-que-bonito.html). Nicht so tauchen wie man sich das normalerweise vorstellt, sondern mit einer Schwimmweste, Schwimmsandalen (mit Auftrieb) sowie Maske und Schnorchel. In dem kleinen Fluß wimmelte es nur so vor Rochen. Damit man im sandigen Flußbett da nicht drauftritt und ´nen Stich abbekommt, wurde man vom Führer mit dem oben erwähnten Equipment ausgestattet. Das Tauchen war also sich an der Oberfläche schwimmend (wie ein Korken) den Fluß runtertreiben zu lassen.
Dieses Erlebnis war absolut der Hammer! Rochen, viele bras. Speisefische wie Piraputange und Dourado, Geophagen, div. andere Buntbarsche, Millionen kleiner Salmler, usw. usw. Als wir am Abend in der einzigen kleinen Kneipe zum Essen saßen, kam der Führer zu uns an den Tisch und wollte wissen wie mir als Deutschen die Tour gefallen hat und ob wir in Deutschland auch sowas haben. Ist ´ne nette Unterhaltung (mit viel bras. Bier) geworden und irgendwann habe ich ihn gefragt ob es in dem Fluß denn keine Welse gibt. Denn erwartet hatte ich schon irgendwie sowas in der Richtung. "Lógico que tem" (Klar gibt es die) war die Antwort. Aber am Tage verstecken die sich. "Nachts mit der Taschenlampe sind es Hunderte!" Aber er könne mir die Verstecke zeigen. Also am nächsten Tag nochmal 60 Real investiert und eine Privatführung bekommen, aber diesmal ohne Schwimmschuhe. Was der Typ mir gezeigt hat, hat mir so ein wenig die Augen geöffnet. Unter jedem Holzstück im Fluß lagen Welse. Fragt mich bitte nicht nach Arten, der Fluß fließt relativ schnell und ich hatte Mühe mich an einem Fleck zu halten. Aber was mich am meisten erstaunt hat, waren die Stellen, wo sich an einem Fleck hunderte kleiner Löcher in der Uferwand befanden (klar unter Wasser) und wo bei genauerem Hinsehen aus fast jeder Höhle ein Welsheck rausschaute. Es waren immer nur einzelne Stellen im Fluß, und zwar immer wo die Strömung so etwa in einem 45 Grad Winkel auf ein steiles Ufer traf. Auf geschätzen 10km Fluß habe ich gerade mal 4 oder 5 solche solche Stellen gesehen. Das waren nix anderes als natürliche "Legebatterien".
Die Intention einiger Aquarianer die Höhlen in Stockwerken zu legen erscheint mir seitdem gar nicht so verkehrt! Auch ich habe es nach diesem Erlebnis so gehandhabt. Aber die Wackelei und Instabilität hat mich immer aufgeregt. Dann habe ich die Höhlen mit Silikon oder Sekundenkleber festgeklebt. Das war aber auch nicht das Wahre. Schließlich habe ich auf einem Foto so eine gewellte Platte aus Porzellan gesehen. Daraus wurde die Idee geboren sowas aus Ton zu bauen und in die Vertiefungen die Höhlen zu legen. Der René hat sich bereit erklärt die Dinger zu bauen. Und siehe da, nach der Umrüstung der Becken ist die Wackelei weg, man kann einzelne Höhlen aus dem Verband rausnehmen und später wieder zurücktun.
Zum Thema Biofilm möchte ich zu Bedenken geben, daß auf allen Oberflächen unter Wasser (egal ob im Aquarium oder in der Natur) Bakterien siedeln. Man spricht hier wohl auch von Bakterienrasen. In diesen Rasen leben wie die Kühe in der Regel Einzeller, die diese Rasen abweiden. Wenn aus diesem nur unter dem Mikroskop sichtbarem Bakterienrasen ein mit bloßem Auge sichtbarer Film wird, dann sind massiv zu viele Nährstoffe für die auf den Oberflächen siedelnden Bakterien vorhanden. Die Entfernung dieses Films durch den Aquarianer kann nicht die Lösung sein. Vielmehr sollte man versuchen die offensichtliche biologische Schieflage des Aquariums zu verändern. Lösung könnte sein, wie beim René, daß man irgendwelche Wirbellose einsetzt, die den Bakterienfilm fressen und damit kurz halten. Eine Reduzierung des Besatzes oder, und das wurde ja hier auch diskutiert, die Schaffung einer "Konkurrenzzone" in einem Filter sind andere Lösungen. Wenn man also im Filter noch bessere Lebensbedingungen für die Bakterien schafft (und auch genügend Siedlungsraum) als im eigentlichen Aquarium, dann ist meist auch Schluß mit irgendwelchen Filmen. Aber natürlich hat auch sowas Grenzen. Wenn der Besatz massiv zu hoch ist, hilft auch der beste Filter nicht mehr. Aber selbst hier gibt es noch eine Lösung: Sehr häufiger Wasserwechsel!
Ansonsten schätze ich die Porosität von Tongegenständen im Aquarium eher positiv als negativ ein. Das sind schlicht und einfach zusätzliche Lebensräume für Bakterien, die unter normalen Bedingugen als Nützlinge eingestuft werden. Ob die jetzt ausschließlich im Filter oder auch in anderen Substraten wie Bodengrund oder Tongegenständen (z.b. Tonröhren) leben ist der Aquarienbiologie und auch mir ziemlich egal.
Wer also mit der Begründung "es bilden sich Bakterienfilme" keine Tongegenstände ins Aquarium stellt, der löst nicht das oben erwähnte Problem der zu viel vorhandenen Nährstoffe, sondern läßt es lediglich nicht sichtbar werden.

Mit besten Grüßen,

Manfred
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