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Vollständige Version anzeigen : L066 "King-Tiger Pleco", "Königstiger Harnischwels"


Baron Ätzmolch
21.03.2004, 22:51
Tach!

Da es ja doch relativ häufig Anfragen bzgl. L066 gibt, möchte ich diesen Zuchtbericht beisteuern und vorausschicken, dass dieser nicht als Anleitung oder als in Stein gemeißeltes Gesetz verstanden werden sollte, sondern vielmehr meine Erfahrungen dokumentiert und widerspiegelt, was bei mir funktioniert (hat).

Zuchtbericht
Hypancistrus sp. L 066
"King Tiger Pleco", "Königstiger Harnischwels"


Technische Daten / Wasserwerte / Beckeneinrichtung::

80 cm Standardbecken (112 l brutto)
2 Aussenfilter mit insg. 1110 l/h Pumpenleistung, 1 Diffusor
2 Powerhead Strömungspumpen mit insg. 780 l/h Pumpenleistung
1 Leuchtstofflampe 15 W, gedämpfter Tageslichteinfall

pH ca. 6,5
KH 1-2 Grad
GH ca. 3 Grad
Temp. ca. 29 Grad Celcius
Wasserwechsel wöchentlich (50% des Beckeninhaltes) mit Leitungswasser (unser Leitungswasser ist so weich, lediglich etwas höher im pH-Wert; der Wert im Becken stellt sich nach ca. 24 Stunden ein und bleibt dann bis zum nächsten Wasserwechsel stabil).

Kein Bodengrund, spärliche Bepflanzung (einige Echinodorus in Pflanzschale), Mangrovenwurzelholz, käuflich erworbene Tonhöhle mit seitlichem Eingang (zylindrische Form, Innendurchmesser ca. 4 cm, Länge ca. 15 cm, selbst hergestellte Höhlen aus Schiefer mit Fronteingang (rechteckig, 15 cm L x 5 cm B x 3,5 cm H)


Die Tiere:

4 Wildfänge, 2 Männchen, 2 Weibchen; gekauft mit einer Größe von 10 bis 11 cm Gesamtlänge, heute (nach mehr als 5 Jahren Pflege) 12 - 13 cm.

Die Tiere sind überwiegend nachtaktiv, eher scheu und schreckhaft (was sich jedoch nach guter Eingewöhnung etwas gibt), begeben sich aber auch am Tag aktiv auf Futtersuche und können in den Abendstunden (beginnende Dämmerung) sehr gut beobachtet werden.

Farbliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern kann ich nicht feststellen (in der Literatur wird oftmals angegeben, ältere Männchen färbten sich mit zunehmendem Alter dunkler).
Was der Fall ist: Die überaus kontrastreiche Färbung der Jungtiere/Halbwüchsigen kann im Alter mehr oder minder verloren gehen (bei beiden Geschlechtern), aber es gibt trotzdem noch sehr attraktiv gezeichnete Alttiere.

Geschlechtsunterschiede lassen sich wie bei den meisten ancistrinen Harnischwelsen erst ab einer bestimmten Länge und/oder der Geschlechtsreife ausmachen, wobei sich die Geschlechter bei L066 weniger im Körperbau als im Bewuchs mit Odontoden unterscheiden (allgemeine Hinweise hierzu sind im Forum gepinnt).
Speziell bei L066 sind meiner Erfahrung nach die Odontoden auf dem Brustflossenstachel (1. Brustflossenstrahl) das signifikanteste Unterscheidungsmerkmal zwischen den Geschlechtern. Die Weibchen besitzen dort zwar auch Odontoden, aber die der Männchen sind erheblich länger (deutlich auszumachen bei Frontal- oder Seitenansicht).


Futter:

Allesfresser; alle Sorten Trockenfutter (Flockenfutter, Futtertabletten, Granulat; alles sowohl auf tierischer als auch pflanzlicher Basis), alle üblichen Sorten Frostfutter und Lebendfutter, sowie geriebenes Fischfilet und Muschelfleisch, Stücke von Schlangengurken und Zucchinis, Kartoffeln, Kohlrabi, Aufwuchs.
Fütterung mehrmals täglich (Tockenfutter und tierische Nahrung), Gemüse immer über Nacht.


Zucht:

Die wesentlichen Faktoren für eine Zucht scheinen sauberes, sauerstoffreiches, nicht zu hartes, warmes (ab 28 Grad Celcius), gut gepflegtes Wasser mit Strömung, ein nicht zu helles Becken mit geeigneten Laichhöhlen und sonstigen Unterschlüpfen, und gut konditionierte Tiere zu sein (abwechslungsreich und ausreichend füttern).

Wenn die Weibchen laichreif sind, gesellen sie sich zu einem Männchen in die Höhle und verbleiben dort für 1-3 Tag(e). Die eigentlichen Paarung oder Eiablage konnte ich noch nie beobachten (findet womöglich nachts statt), somit sind Details unbekannt (genaue Gelegegrössen, ob z.B. alle Eier auf einmal abgesetzt werden oder über einen längeren Zeitraum).

Teile der Balz konnte ich nur einmal beobachten. In der Höhle lag das Männchen mit der Mundscheibe auf den Interopercularodontoden des Weibchens, welches diese in Abständen rhythmisch durch schnelles, minimales Abspreizen bewegte. Ob dieses Verhalten zur Synchronisation der Partner dient, kann nur vermutet werden.
Ob es typisch ist, steht auch nicht fest, da es ja eine Einzelbeobachtung ist.

Die Größe der Eier ist selbst für Harnischwelse erstaunlich. Sie messen ca. 5 mm im Durchmesser und sind von gelblicher Farbe.
Bei 29 Grad Celcius schlüpfen die Larven etwa 5 Tage nachdem das Weibchen die Laichhöhle wieder verlassen hat. Viel mehr als die Augen, einen unpigmentierten Schwanzstiel und den riesigen Dottersack kann man nicht erkennen. Pro Gelege sind es bei mir 30-40 Larven, was auf eine ursprüngliche Gelegegrösse von etwa 50 Eiern schließen lässt, wenn man unbefruchtete Eier und während der Entwicklung oder beim Schlupf abgestorbene Larven berücksichtigt.

Hier sollte ich erwähnen, dass manchmal einzelne oder zusammenklebende Eier (sowohl unbefruchtete als auch schon in Entwicklung befindliche) sowie Larven vor dem Freischwimmen, meistens schon direkt nach dem Schlupf, aus der Höhle gewirbelt werden. Ich glaube nicht, dass das normal ist, und bin dazu übergegangen, die Bruthöhle samt Männchen kurz vor dem Schlüpfen der Larven in ein kleineres Becken zu überführen, dass mit dem gleichen Wasser befüllt ist wie das eigentliche Zuchtbecken.
Nach 1 bis 2 Tagen sind alle Larven geschlüpft und sammeln sich an einer Stelle des Beckens, wo sie sich mit ihren winzigen Mäulern festsaugen. Das noch in der Höhle befindliche Männchen wird wieder ins Zuchtbecken überführt.
Da ich es sowieso vorziehe, die Jungen in einem separaten Becken aufzuziehen (hauptsächlich deshalb, um sie vernünftig und gezielt füttern zu können), finde ich diese Lösung recht praktikabel, da es den Jungen als auch dem Vatertier Stress durch Fangaktionen erspart.

3-4 Tage nach dem Schlupf kann man eine beginnende Pigmentierung der Larven feststellen. Der zuvor kugelrunde Dottersack ist mit dem Längenwachstum der Larven in eine ovale Form übergegangen. 10-11 Tage nach dem Schlupf ist der Dottersack nahezu aufgebraucht. Die Jungtiere sind jetzt schon etwa 1,5 cm lang, voll gefärbt und sehen aus wie Miniaturausgaben ihrer Eltern. Sie beginnen bald mit aktiver Futtersuche und fressen wie ihre Eltern alles (nur muss es natürlich die entsprechende Grösse aufweisen).
Das Aufzuchtbecken muss sauber gehalten werden, sich bildender Bakterienrasen und Schleim ist zu entfernen. Wasserwechsel erfolgt mit Wasser aus dem Zuchtbecken, später nach langsamer Umgewöhnung mit reinem Leitungswasser.
Ich kann nur davon abraten, die Jungen in einem völlig einrichtungslosen Becken bzw. ins Becken eingehängten Kasten aufzuziehen, da sie wie ihre Eltern das Bedürfnis haben, sich tagsüber zu verstecken. Mangel an Versteckmöglichkeiten führt meiner Meinung nach zu Stress bei den Tieren, der zu kümmerlichem Wachstum führt und/oder Aufzuchtverlusten.


Literatur:

- "Nachzucht von L 66 gelungen!" von Karsten Nitter; in DATZ 7/1997, S. 452-453

- "Der Königstiger Harnischwels L66"; in DATZ 02/2001, S. 34-40

- "Ancistrus & Co." von Ingo Seidel; in DATZ 1/2002 Aquarienpraxis, S. 5-7

- "Spawning L066" von Andrew J. White; auf Planetcatfish.com
https://www.planetcatfish.com/shanesworld/s_r_248.php

- "Zucht ancistriner Harnischwelse", Ein Dia-Vortrag von Ingo Seidel
https://www.aquarienclub.de/welse/seite3.htm


--Michael

Stefan
22.03.2004, 08:17
Hallo !

:kltsch: :kltsch: :kltsch:

Ist die Strömung für die Zucht von L66 wirklich so wichtig ?

Gibt es erfolgreiche Züchter, bei denen die L66 auch bei weniger/kaum Strömung abgelaicht haben ?

Oder habt Ihr mit der Strömung herumexperimentiert und nur bei starker Strömung haben die Welse dann abgelaicht ?!?!

Ist es wichtig, wie die Höhlen im Becken bzw. in der Stömung liegen ?

Alexander
22.03.2004, 14:47
Hallo Michael,

du hast ja eine ganz ordentliche Strömung!! Ich hab ein Becken für meine L333 eingerichtet, Strömung ist ca. 800 l/h. Allerdings hab ich das Problem, dass das Futter sofort von der Strömung erfast und in den Filter oder in andere unzugängliche Orte gesaugt/gespült wird, sodass die Welse gar nicht dran kommen. :(
Ich hab jetzt ein paar Mal die eine Pumpe ausgestellt, aber das ist auch nicht die dollste Lösung.

Wie machst du das denn mit dem Füttern? Einfach rein und hoffen, dass nicht alles in den Filter gesaugt wird, oder was?

Würde mich über Tipps freuen.

MFG Alexander

GLGL
22.03.2004, 16:51
Originally posted by Alexander@22nd March 2004 - 15:51
Hallo Michael,

du hast ja eine ganz ordentliche Strömung!! Ich hab ein Becken für meine L333 eingerichtet, Strömung ist ca. 800 l/h. Allerdings hab ich das Problem, dass das Futter sofort von der Strömung erfast und in den Filter oder in andere unzugängliche Orte gesaugt/gespült wird, sodass die Welse gar nicht dran kommen. :(
Ich hab jetzt ein paar Mal die eine Pumpe ausgestellt, aber das ist auch nicht die dollste Lösung.

Wie machst du das denn mit dem Füttern? Einfach rein und hoffen, dass nicht alles in den Filter gesaugt wird, oder was?

Würde mich über Tipps freuen.

MFG Alexander
... das kenn ich - vor allem bei Frostfutter, je kleiner, desto :-((

Habe selbst auch recht starke Strömung, über 2500L auf 450L Beckengröße.

Grünfutter udn Tabletten gehen ja.....

Ich bin gespannt auf sinnvolle Lösungen (gibt's die wohl?!)

Im übrigen schließe ich mich meinem Vorredner vollinhaltlich an:

:kltsch: :kltsch:

GL

Baron Ätzmolch
22.03.2004, 17:10
Tach Leute!

@ Stefan:

Ob eine starke Strömung definitiv eine unabdingbare Voraussetzung für die Zucht ist, kann ich nicht sagen. Ich selbst habe damit nicht herumexperimentiert, hatte von Anfang an eine starke Filterung und Strömungspumpen installiert.
Ich habe nur festgestellt, dass die Tiere anscheinend die Strömung "mögen", denn sie suchen manchmal gezielt Orte der stärksten Strömung auf, direkt vor den Powerhead-Pumpen.

Überall, wo Ingo Seidel etwas zur Zucht von L066 geschrieben hat, wird er nicht müde zu betonen, dass er seine Tiere in zwei aufeinanderfolgenden Jahren jeweils durch die Installation einer zusätzlichen Strömungspumpe zum Ablaichen gebracht hat.

Zur Lage der Höhlen im Becken: Ich habe alle Höhlen so platziert, dass die Höhleneingänge der Strömung zugewandt sind.

@ Alexander:

Starke Strömung und gezielte Fütterung schliessen sich so gut wie aus, da hast Du Recht (das ist übrigens auch einer der Gründe dafür, weshalb ich es vorziehe, die Jungen in einem separaten Becken aufzuziehen; nur dort kann man sie gezielt und ausreichend mit Futter versorgen).

Bei den adulten Tieren im Zuchtbecken stelle ich bei der Fütterung alle Filter und Pumpen für etwa 15 Minuten ab, so haben die Tiere genug Zeit, das Futter aufzunehmen, und die Sauerstoffzehrung in den Filtern ist noch nicht bedenklich.

In der DATZ (ich glaub' Jahrgang 2002) war mal ein Artikel von einem L028 Züchter, der das Problem mit einem Relais gelöst hat, welches die Pumpen nach einer bestimmten Zeit automatisch wieder einschaltet.

--Michael